Logistics Case Studies: Der Lieferschein

Die Prozesse eines Unternehmens erschließen sich aus den Lieferscheindaten - korrekterweise muss es heißen aus den Belegen der jeweiligen Schnittstelle. Man muss nur wissen, wie man aus den reinen Buchungsdaten der Schnittstelle Informationen gewinnt. Hilfreich ist es auch, wenn man versteht, wie die Buchungen ablaufen, aber das ist nicht Thema dieser Fallstudie und sollte eigentlich Bestandteil der betriebswirtschaftlichen Vorlesungen sein.

Die Schrauben Karl GmbH 

      
ist Händler von Beschlägen, Montage- und Befestigungskomponenten für den professionellen Einsatz (Commodities, DIN-Teile). Das Unternehmen versteht sich als Vollsortimenter. Das Verkaufsteam arbeitet auf Provisionsbasis - es wird geliefert, auch wenn der Kunde nur eine Schraube haben möchte. Kundenaufträge werden auf Verfügbarkeit geprüft, Teilaufträge mit Material versorgt, Fehlmengen nachbestellt und später nachgeschickt.
  • 1963 von in W.A. Tson und S. Herlock in Musterhausen gegründet als Wash GbR gegründet 
  • 1976 Aufnahme von Karl S. Crew als Partner und Umfirmierung als GmbH
  • Deutschlandweit 127 Mitarbeiter
    • Sitz des Zentrallagers in Musterhausen
    • Warenbevorratung, Tourenplanung, Value-Added-Services
    • Büroaktivitäten (Einkauf, Verkauf, Finanzen, EDV, Logistik) 
  • 6 Standorte im Osten und Westen Deutschlands
Es stehen alle ▦ Warenausgangsbuchungen (Excel-Sheet) eines Jahres zur Verfügung, diese befinden sich auf dem unverzichtbaren Lieferschein. Der Lieferschein, auch Warenbegleitschein genannt, ist ein Dokument, das die meisten Sendungen beim Transport begleitet und Auskunft über die gelieferten Artikel gibt. Für den Lieferschein gibt es keine Mindestangaben, theoretisch reicht also die reine Auflistung der gelieferten Artikel und deren Menge.

  • Jeweils ein Quartal je Karteikarte (539070 Buchungen, schon Bereinigt)
  • Vereinfachte Materialstammdaten für alle ~60.000 Artikel
  • Eine vorbereitete ABC-Analyse der Artikel nach Zugriffen
  • Kundenstammdaten mit Stadt, PLZ und Geo-Koordinaten 
Der Lieferschein hat Beweischarakter und gilt als Urkunde. Lieferscheine sind gemäß § 147 Abgabenordnung mindestens 6 Jahre aufzubewahren. Dient der Lieferschein gleichzeitig als Rechnung, verlängert sich die Aufbewahrungsfrist auf mindestens 10 Jahre.

Mit dem Lieferschein kann man in vorwärts Richtung Kunde sehen und zurück ins Fertigwarenlager. Dazwischen liegt die Kommissionierung, die mit den Daten des Lieferscheins auch geplant wird.

Die Erstellung eines Lieferscheins ist gesetzlich nicht geregelt. Es gilt lediglich der Grundsatz, dass der Warenempfänger eine Rechnung erhalten muss. Die Erstellung eines Lieferscheins erleichtert jedoch die Abwicklung des Wareneingangs und die Wareneingangskontrolle beim Kunden. Im Gegensatz zur Rechnung, die auch getrennt von der Ware als Brief transportiert werden kann, liegt der Lieferschein der Ware in der Regel in Papierform bei.


Gegenüberstellung von Rechnung und Lieferschein über die bestellten Waren

Solche Dokumente gibt es an jeder Schnittstelle. Wenn nicht, zeugt das von Inkompetenz oder das Unternehmen ist schlichtweg desorganisiert, dann kann jemand noch viel Geld verdienen.

Im Wareneingang sehen wir unsere Lieferanten und organisieren die Einlagerung. Produktionsaufträge müssen mit Material versorgt werden, was auch auf einem Beleg steht - sollte die Stücklistenauflösung hergeben - mit dem die Kommissionierung im Rohmaterial, Vorprodukt oder wie auch immer das heißt, angestoßen wird. Die kommissionierten Materialien werden dann in den WIP gebucht.  

Fragestellungen

In meinem Kurs "logistische Datenanalyse" werden drei Fragestellungen bearbeitet.
  1. Schrauben Karl und die Beschaffungslogistik: 
  2. Wie soll Schrauben Karl das Lager aufteilen (lohnt sich Zonung, Nachschuborganisation) und was können wir für die Kommissionierung schließen (einzeln, parallel, gesplittet, mehr- oder einstufig)? 
  3. Wie soll die Distribution zu unseren Kunden organisiert werden und was kostet das?
    1. Nun, wissen wir über Artikel, Lager und Kommissionierung sehr viel.
    2. Als nächstes soll die Distribution geplant werden: Der Auftrag zur 🖵 Distributionsplanung mit weiteren Daten.
    3. Wieder einmal müssen die Lieferscheinpositionen ergänzt werden.
      Spoiler BEGIN 🖵 Eine Lösungsvariante  END
    4. Und das ist die Datei, wenn alles vorbereitet ist, und die Analysen mit Pivot, Chart und Maps unmittelbar erstellt werden können:
  4. Und was haben wir gelernt?
weitere Aufgaben sind beispielsweise:
  • Wo soll unser Zentrallager stehen?
  • Gibt es "natürliche" Sortimente?
  • Gibt es Muster in den Daten?
  • Wo liegen Optimierungen?
  • Klar auch Kennzahlen!
Das alles und noch viel mehr kann aus den Lieferscheinen geschlossen werden.

Update 23.01.2023

Lukas Felzmann, Alexander Opris und Felix Mayer haben im Wintersemester 2022/2023 an der Hochschule Kaiserslautern (Fachbereich IMST) unter der Leitung von Bastian Beggel die Lieferscheine bearbeitet. Hier ihre Ergebnisse:

Wir hatten einige Zoom-Meetings, so dass das gemeinsame Verständnis einen guten Schritt nach vorne gemacht hat. Ich hätte das eine oder andere vielleicht anders angepackt, aber auch ich habe einige neue Ansätze und Tools kennengelernt. Ich denke, dass auch die Informatikstudierenden etwas mitnehmen konnten. Also immer wieder gerne.

Und text mit Deepl-Write Beta überarbeitet.

Update 27.11.2023

Die Idee das Datensheet schrittwiese zu erweitern, führt zu Irritationen. Daher werde ich diesen Fall etwas umbauen. Erst einen Excel-Teil, um die Roh-Daten zur ergänzen. Dann die logistischen Fragestellungen, die direkt wieder in die Roh-Daten eingehen. Ein Teil der Probleme entstehen auch aus der Größe, sodass ich das Sheet dann eben optimiere.

Zum Weiterstudieren

von nix kommt nix, also dranbleiben
  • Frontpage des Kurses: △ Richtig Excel lernen mit Factorio
  • Studentinnen erklären die △ ABC-Analyse verständlich
  • und die Excel-Funktionen △ WENN, S-VERWEIS, PIVOT-Tabelle 
  • Maier K, Nikolaus N, Knaub C and Schnorr R (2016), "Logistische Datenanalyse – VerbessernSie die Erfolgswahrscheinlichkeit dernächsten Generation!". Thesis at: Hochschule Kaiserslautern. Pirmasens, July, 2016. [BibTeX] [URL]
Logistisch steht dahinter das Puffermodell der Logistik, das die "Analyse Methodik nach Wölker" im Kontext von ERP-System aufgreift.

, Licence CC BY-NC-SA

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