Eine Gegenüberstellung theoretischer Ansätze und praktischer Erfahrungen
von Kevin Klamrowski
Warehouse Management Systeme (WMS) sind Computersysteme, die die Verwaltung und Steuerung des Lagers samt aller lagerrelevanten Prozesse abbilden. Hierdurch sind sie für viele Unternehmen eine zentrale Komponente in ihrer Intralogistik und maßgeblich an dem Unternehmenserfolg beteiligt.
Durch den steigenden Grad der Digitalisierung und Automatisierung in der modernen Welt nehmen auch die Bedeutung und die Verwendungsintensität derartiger Systeme zu. Erfahrungen aus unterschiedlichsten WMS-Einführungen zeigten jedoch, dass es häufig zu gleichen oder ähnlichen Problemen und Herausforderungen kommt.
Abgrenzung von Warehouse Management Systemen und Lagerverwaltungssoftware
WMS Raute mit Kern- und Zusatzfunktionen gemäß VDI 3601 (Abbildung: Fraunhofer IML) [1, S.15] |
Abgrenzung von Warehouse Management Systemen und ERP-Software
Bei einem ERP-System handelt es sich um eine zentrale Softwarelösung, die einen Überblick über die Ressourcen eines gesamten Unternehmens darstellen soll. Hierdurch soll es möglich sein, die Ressourcen unterschiedlicher Unternehmensbereiche effektiv zu managen und die Mitarbeiter in ihrer täglichen Aufgabenerfüllung zu unterstützen. Aufgrund des ganzheitlichen Ansatzes besteht an moderne ERP-Systeme die Anforderung, dass sie sowohl in der horizontalen Integration abteilungsspezifische als auch in der vertikalen Integration unternehmensweite Mehrwerte bieten. Hierzu wird häufig eine modulare, mit der Zeit gewachsene Systemarchitektur verwendet.
Betrachtet man die gewachsenen Funktionsumfänge von WMS und ERP-Systemen, so stellt man mögliche funktionale Überschneidungen beider Systeme fest. Zum Beispiel können beide Systeme Lagerbestände verwalten, Stammdaten für Artikel und Kunden pflegen oder auch Kundenaufträge verwalten. Bezieht man in diese oberflächliche Betrachtung jedoch die prozessualen Ausrichtungen beider Systeme mit ein, so kann man die Kooperation der Systeme grob wie folgt beschreiben: Ein ERP-System gibt vor, welche Artikel wann in welchen Mengen an welchem Ort benötigt werden. Das WMS steuert die Lagerprozesse und erfüllt die Aufgabenstellungen des ERP-Systems. Durch diese Unterscheidung lassen sich die überschneidenden Funktionalitäten somit jeweils präferiert in einem bestimmten System abbilden.
Als unternehmensweit führendes System sollte das WMS beispielsweise vor allem die Stammdatenverwaltung, den Einkauf sowie die Auftrags- und Rechnungsabwicklung gegenüber Kun-den durchführen. Als lagerverwaltende Software sollte das WMS hingegen das bestandsführen-de System sein und alle lagerinternen Prozesse in Echtzeit abbilden. Ebenfalls sollte es die Auftragsbearbeitung und den Versand steuern (Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, 2020, S. 18). Somit befindet sich das ERP-System in der hierarchischen Betrachtung der IT-Landschaft meistens über dem WMS, ist zur Aufgabenerfüllung jedoch auf eine gut funktionierende Schnittstelle und Zusammenarbeit angewiesen.
Diese Masterthesis
untersucht die Hintergründe für Hürden in der WMS-Einführung. Hierzu werden die folgenden Forschungsfragen analysiert:
- Unterscheiden sich WMS in ihrer Einführung von anderer Software?
- Treten bei der Einführung eines WMS softwarespezifische Probleme auf?
- Sind WMS prozessual so komplex, dass Sie gar nicht fehlerfrei eingeführt werden können?
- Sind technische, prozessuale oder psychologische Ursachen für die meisten Probleme verantwortlich?
Für die Untersuchung der Forschungsfragen wurden Fachliteratur sowie Fallstudien über die Einführung von Softwaresystemen analysiert. Diese Informationen wurden anschließend dem Fachwissen des Thesis Autors (10 Jahre Erfahrung in der Realisierung von Supply Chain- und Warehouse Management Software) sowie zwei weiterer Experten mit langjähriger einschlägiger Erfahrung gegenübergestellt.
Die Auswertung der Fachliteratur und Gegenüberstellung mit dem Expertenwissen ergab, dass die Hürden in der WMS-Einführung ähnlich zu denen in anderen komplexen Softwareeinführungsprojekten sind. Die Unterschiede liegen viel mehr in zusätzlichen fachlichen Anforderungen. Ebenfalls wurde festgestellt, dass WMS-Einführungen ein so komplexes Vorgehen darstellen, dass bei ihnen mit dem Auftreten von Hürden gerechnet werden muss. Die Komplexität dieser Systeme stellt die Projektverantwortlichen scheinbar genauso vor grundlegende psycho-logische Herausforderungen wie vor technische oder prozessuale.
Welche dieser Herausforderungen jedoch die Hauptursache für die große Anzahl an WMS-Einführungen mit Hindernissen sind, muss weitergehend untersucht werden und kann auf Grund des Umfangs dieser Arbeit lediglich angenommen werden.
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