Was das Internet der Dinge ist und wie man es bekommt.

Das Internet der Dinge wird nun seit mehr als 20 Jahren beschworen. Doch ist es jetzt schon Realität, ja etwas das jedermanns Alltag durchdringt? 

Ja. Nein, vielleicht, kommt noch, je nach Interessenlage. Also ist es Zeit dazu mal Position zu beziehen.

IoT, was ist das? 

Eine klare Definition gibt es nicht, schon gar keine exakte wissenschaftliche. Schon Ende des letzten Jahrhunderts kam der Wunsch auf, coorganisierte Systeme wie das internationale EAN-System zu erweitern. Was wäre, wenn jedes Ding eindeutig und automatisch identifizierbar wäre? Das war die Geburtsstunde des Electronic Product Codes, der erst am MIT entwickelt und dann weltweit durch die Auto-ID Labs verbreitet wurde. Die Objekte wissen wer sie sind und wohin sie sollen. 

Folgerichtig wurde aus der EAN-Organisation GS1 (Global Standards One). Alles wurde definiert: Technik (RFID), Beschreibungssprache (Physical Markup Language), die Kommunikation (Object Name Server, Information Services, usw.), Middleware etc. Die Vision eines physischen Web of Things könnte Realität werden. Seriöse Publikationen und die Interessenverbände verbreiteten: Die Zukunft ist. da. [1,2]

Zweifellos sind alle notwendigen Techniken vorhanden. Auf Menschen angewendet ist Orwell nur eine müde Version, von dem das technisch machbar ist. Doch man muss zugestehen, so ist es (noch) nicht gekommen. Wie so oft ist das technisch Machbare immer noch im Reich der Phantasie der Techniker und besonders der Verkäufer.  

Was man alles so braucht.

Das Problem ist, dass erst einmal die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden müssen. Ignorieren wir mal die Tatsache, dass bei den meisten Unternehmen weder die Stammdaten in Ordnung sind noch dass die Prozesse sauber dokumentiert sind, schon gar nicht wohlgeordnet. Das zu klären ist einfach nur eine Sache der Disziplin und Geduld, scheitert aber oft am Willen. 

Wer das Internet der Dinge will muss auch die notwendigen Techniken beherrschen und im Unternehmen umsetzen. Diese sogenannten enabling Technologies sind:

  1. Auto-ID: Die Sinne der EDV in die Reale Welt beantworten die Fragen Wer und Was bist du?
  2. Telematik: Die Verortung der Dinge in der Welt, dann die Logistik hat immer einen Raumbezug
  3. EDI: Daten müssen ausgetauscht werden, denn nur dann ist Coorganisation möglich.
  4. SCOR: Das Supply Chain Operation Reference Model als Beispiel gemeinsamer Prozesse.    


Vision des idealen Zusammenspiels der drei enabling Technologies und dem Supply Chain Operation Reference Model (SCOR) aus unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven auf ein Unternehmen.

Basierend auf gemeinsamen Standards sollte die physische Arbeit (rot) aller Beteiligten in der Supply Chain dem logischen Prozess (grün) entlang in der EDV (blau) transparent abgebildet sein.

Alles wird gut!

Sehen wir uns mal RFID, Transponder an. Seit 30 Jahre mache ich Logistik und eine Funkwelle nach der anderen wabert über mich herüber. Bald, bald ist der Transponderpreis endlich niedrig genug und dann, ja und dann ... permanent werden die großen Hoffnungen enttäuscht. Das ist die Verschiebung der technologischen Utopie in die Zukunft.(siehe Zitat)

Alles nicht triviale Techniken
Das eine optimale System kann es nicht geben
Es kostet mehr als man denkt, insbesondere bei der Infrastruktur
Lücken in der Prozesskette sind schwer zu überbrücken und damit teuer

Verbessern einiger Prozesse, der richtigen!
Jedes erfolgreiche RFID/Telematik/EDI-Projekt verändert alle Prozesse
Jedes erfolgreiche RFID/Telematik/EDI-Projekt verbessert die Integration aller Partner 
Jedes erfolgreiche RFID/Telematik/EDI-Projekt wirkt insgesamt strukturbildend

Die Hardware ist nur ein Kostenfaktor
Der Preis der Hardware fällt seit Jahrzehnten und ist doch nie günstig
Die Kosten stecken in Gesamtsystem und langfristig in der Software, immer!
Phantasialand für Techniker ist nur der Aufhänger, die Anbieter wollen verkaufen

Erst „Hausaufgaben“ erledigen
Suchen Sie die richtigen Projekte, die sich rechnen
Erst die Grundlagen der Prozessänderungen im Unternehmen
Standards nutzen, keine proprietären Ideen, egal wie toll die sind. 

Das alles gibt seit Jahrzehnten. Es gibt 1001 Projekte. Aber die Umsetzung ist ein langer, mühsamer Weg durch die finsteren Schluchten der Detailarbeit. Und Abkürzungen gibt es nicht. [4] Jeder Trick wird sich später rächen und noch mehr Kosten verursachen. Nun das ist dann eben das Geschäft der Berater. 

Welche Kompetenzen braucht der Logistiker?

Mit jeder dieser Techniken können mehrere Vorlesungen gefüllt werden. Natürlich ist auch SCOR ein füllendes Thema. Naturgegeben kann ein Logistik Student nicht alles beherrschen, Schon gar nicht in nur einem Semester. Soll er auch nicht. Dafür gibt es Spezialisten und sehr, sehr viele Verkäufer. 

Der wahre Logistiker muss die richtigen Zusammenhänge sehen, sich schnell eindenken und dafür sorgen, das die richtigen Projekte gemacht werden. (Anmerkung: Wenn jeder unserer Absolventen nur ein schwachsinniges großes Projekt für seinen Arbeitgeber in die richtige Richtung lenkt, dann hat sich sein Lebensarbeitslohn schon gerechnet. Anderes Thema, mal sehen...) 

Also werden wir im Logistik Studium
- die richtige Diagnose der Störungen trainieren und
- Gestaltung der erfolgreichen Therapie erlernen.

Immer dran denken: Das Internet der Dinge wird nichts ohne die enabling Technologies. Aber Technik ist nur ein Hilfsmittel. Wahre Logistiker wissen das.

Anmerkung

Zitat [3]: "Die RFID-Technik wurde vor einigen Jahren in den Himmel gelobt. Mittlerweile ist Ernüchterung eingetreten. Identifikationsprojekte existierten zwar, doch die großen Träume sind weitgehend zerplatzt. Der Silberstreif am Horizont könnte die vierte industrielle Revolution sein.

Industrie 4.0 steht für die Verschmelzung der physischen Produktion und Logistik mit der virtuellen Welt der Informationstechnologie. Dadurch sollen selbstorganisierte – quasi intelligente – Systeme entstehen, in denen mit Mitarbeiter, Maschinen, Betriebsmitteln und Lagersystemen  in Echtzeit Informationen austauschen, Aktionen auslösen und interagieren können."

Prüfungsaufgabe

Im Laufe des Winter-Semesters 20/21 haben die Studierenden folgende Aufgaben bearbeitet. 
  1. Bearbeitung des Artikels: Einkaufen 3.0: Smarter geht’s kaum.
  2. Fehlerkorrektur, Prüfziffer, EAN-Fehler
  3. Warum einige Codes lesbar sind und andere nicht
  4. Entwicklung eines Postcodes für Großbriefe
  5. Das manuelle Scanproblem in der Computer Montage
  6. Die Barcode-Verschwörung
  7. Die True Lies der Radio Frequency Identification
  8. Pros und Cons der Citymaut
  9. Varianten des Roadpricing mit einem morphologischen Kasten.
  10. Weitere Cooperative Systeme: Odette & Co.
  11. Stand der Umsetzung des EPCs: Die Zukunft hat begonnen
  12. Sie fanden 9 Anwendungen von Auto-ID im Alltag, die nicht allgemein bekannt sind. Ich kannte die auch noch nicht.
Sie haben sich in Erinnerung gerufen, was wir im Semester gearbeitet haben. Vermutlich haben Sie sich vor einem Jahr noch nicht mit dem Thema Internet der Dinge oder Englisch Internet of Things IoT befasst. Ich hoffe die Bedeutung des IoT für die Logistik bzw. für die Zusammenarbeit in der globalen Supply Chain ist Ihnen verständlich geworden.

Stellen Sie sich vor, Sie könnten ein Jahr zurückreisen und Ihrem früheren Selbst das Internet der Dinge erklären. Natürlich ist ihr früheres Selbst skeptisch. Also sprechen Sie überzeugend. Arbeiten  Sie folgende Aspekte ein:
  • Was versteht man unter dem Internet der Dinge und wozu dient es?
  • Seit wann wird davon gesprochen und wie sieht es damit heute aus?
  • Was muss man bzw. ein Unternehmen tun, um das IoT zu realisieren?
  • Was wird alles benötigt und was ist davon neu bzw. seit gibt es das?
  • Können Sie nun alles, was damit zusammenhängt oder was fehlt Ihnen?
  • Wenn Sie nun (noch) nicht alles können, warum haben wir uns damit beschäftigt?
Vorgehensweise: 
  1. Alle Fragen in Stichpunkten beantworten (Aufschreiben!)
  2. Die Stichworte ausformulieren und einen roten Faden reinbringen! 
  3. Ein Schlußstatement in drei Sätzen beantworten.
Der Obenstehende Text dieses Blogbeitrag ist so etwas wie meine Musterlösung. 

Quellen

  1. N.N. (2012), "EPC/RFID – Die Zukunft hat begonnen". Thesis at: GS1 Germany. Köln, December, 2012. [BibTeX] [URL]
  2. VOLMER M (2011), "Einkaufen 3.0: Smarter geht’s kaum", VDI nachrichten., March, 2011.
    [BibTeX]
  3. Weber R (2013), "Identifikation, Industrie 4.0 – letzte Chance für RFID?", MM-Logistik., March, 2013. [BibTeX] [URL]
  4. Wölker M (2015), "Mehr als nur LogistikEffizienz, Sicherheit und Qualität per Chip RFID im Fensterbau", In Rosenheimer Fenstertage. Rosenheim, October, 2015. [BibTeX] [URL]

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