Deine Arbeit gehört Dir und nur Dir

Es herrscht große Unkenntnis über das Verhältnis von Geheimhaltung, Urheberrechten und Nutzungsrechten. Wilde Spekulationen und Vertragsklauseln wie Vertragsstrafen sind an der Tagesordnung. Die Studierenden fühlen sich in ihrer schwachen Position massiv unter Druck gesetzt. 

Das ist meine Meinung dazu. Wer das anders sieht, kann mir gerne schreiben.

Studentinnen schreiben ihre Abschlussarbeit oft in einem Unternehmen. Wenn man bei Google >>bachelorarbeit in fi<< eingibt, wird einem gleich der Zusatz >>firma schreiben<< vorgeschlagen. Das scheint also ein Thema zu sein, das viele interessiert. Ich habe mir mal ein paar Seiten angeschaut, keine Überraschungen.

Oft haben die Studierenden nur einen Praktikumsvertrag ohne klare Regelungen für das Schreiben einer Bachelorarbeit. Dann bleibt das Urheberrecht an der Arbeit grundsätzlich beim Studierenden. Auch wenn das Unternehmen meint, die Rechte automatisch zu erhalten, ist dies nicht der Fall, es sei denn, es gibt dazu klare vertragliche Vereinbarungen. Ohne solche Vereinbarungen bleibt das Urheberrecht beim Autor, also beim Studierenden.

Natürlich wird oft angeführt, dass sich die Chancen auf eine Anstellung im Unternehmen erhöhen. Wirkliche Belege (Statistiken, empirische Untersuchungen, Erfahrungsberichte) habe ich nicht gefunden, nur Schmidt 2013 [2] Wenn jemand etwas findet, schreibt mir!

Was euch keiner sagt!


Geheimnis - Quelle Pixabay

Jedes Unternehmen ist daran interessiert, seine "Geheimnisse" zu bewahren. Deshalb werden Arbeiten immer mit einem Sperrvermerk versehen, egal wie profan die Arbeit ist. Zum Beispiel so:

Die vorgelegte [Art der Arbeit] mit dem Titel [Titel] beinhaltet vertrauliche Informationen und Daten des Unternehmens [Name des Unternehmens]. Diese [Art der Arbeit] darf nur vom Erst- und Zweitgutachter sowie berechtigten Mitgliedern des Prüfungsausschusses eingesehen werden. Eine Vervielfältigung und Veröffentlichung der [Art der Arbeit] ist auch auszugsweise nicht erlaubt. Dritten darf diese Arbeit nur mit der ausdrücklichen Genehmigung des Verfassers und Unternehmens zugänglich gemacht werden.

Das ist ein absoluter Schutz. Im Endeffekt kann die Studentin nicht einmal in ihrer Bewerbung darüber sprechen, was sie in der Arbeit gemacht hat, und das ist unbegrenzt. Und wie kann der theoretische Teil, den jede wissenschaftliche Arbeit hat, geschützt werden? Was ist mit dem Prüfungsamt und dem Archiv? Ich halte das für Schwachsinn!

Immer wieder soll ich Geheimhaltungserklärungen unterschreiben. Gerne auch mit der Verantwortung, dass sich die Hochschule auch daran hält. Komisch, ich habe noch nie unterschrieben, warum auch?

Zum einen bin ich Beamter und damit zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zum anderen besteht ein Vertragsverhältnis (hoffentlich) nur zwischen dem Studenten und dem Unternehmen. Die Hochschule bewertet die Arbeit des Studenten und sonst nichts. Die HS hat mit dem Unternehmen nichts zu tun.

Einmal hat eine Firma darauf bestanden. Dann habe ich die Arbeit nicht betreut. Wenn schon ein Sperrvermerk in einer Arbeit an der Hochschule, dann sollte er differenzierter sein. Das würde ich empfehlen:

Dieses Werk enthält zum Teil Informationen technischer oder geschäftlicher Art von [Name des Unternehmens mit Rechtsform], die als vertraulich erklärt wurden oder als solche erkennbar sind.
Dies betrifft die Kapitel [hier Kapitel einschließlich betroffener Anhänge angeben] und ist ansonsten in einer Fußnote vermerkt. Sie sind vertraulich zu behandeln und dürfen Dritten nicht ohne schriftliche Zustimmung des Verfassers und der [Name des Unternehmens mit Rechtsform] zugänglich gemacht werden. Bibliographische Informationen, die auf dem Datenbankformat BibLatex basieren, können öffentlich zugänglich gemacht werden. 
Davon unberührt bleibt die bestimmungsgemäße Nutzung des Werkes in allen seinen Teilen gemäß den zum Zeitpunkt der Prüfung gültigen Ordnungen der Hochschule [Name], des Fachbereichs [Name] und des Studiengangs [Name]. 
Ausgenommen von der Geheimhaltung sind Informationen, die vor dem Prüfungstermin öffentlich bekannt oder allgemein zugänglich waren oder nach dem Prüfungstermin ohne Mitwirkung oder Verschulden der am Verfahren Beteiligten öffentlich bekannt oder allgemein zugänglich werden oder im Wesentlichen Informationen entsprechen, die zu irgendeinem Zeitpunkt von einem berechtigten Dritten offenbart oder zugänglich gemacht wurden. 
Dieser Sperrvermerk ist auf 3 Jahre nach dem Prüfungstermin befristet.


Es ist ganz allein dein Werk

Margot und Martin Wölker
Täuschung (Stickbild, 1982)
Oft wird der Eindruck erweckt, die Arbeit gehöre am Ende dem Unternehmen mit allem Drum und Dran. Das ist ein Trugschluss.
 
Das Urheberrecht schützt Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst, wenn es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt Es gehört immer dem Urheber, egal wer was irgendwo "abgelegt" hat. Wissenschaftliche Abschlussarbeiten sind geistiges Eigentum der Studierenden.

Das Unternehmen kann ein Nutzungsrecht haben, das hängt aber im Detail vom Vertrag und dem konkreten Arbeitsverhältnis ab. Und: Studentinnen sind in der Regel nicht verpflichtet, der Hochschule Nutzungsrechte einzuräumen.
 
Und die Daten? Auch die Datenbasis der Abschlussarbeit ist geschützt. Entscheidend ist, wie die Daten entstanden sind. Wurden die Daten einfach aus dem Firmen-SAP gezogen oder hat die Studentin die Daten selbst erhoben?

Gleiches gilt für Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art (Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen, Programme, Apps, Videos, Rohmaterial etc.) Der Schöpfer eines Werkes ist dessen Urheber und das gilt auch für die Wissenschaft und damit für alle wissenschaftlichen Arbeiten, die eine Studentin im Laufe ihres Studiums erstellt. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Universität, eine (Fach-)Hochschule oder ein Institut handelt.

Und immer daran denken: 

Schmidt unterstellt eine Dreiecksbeziehung
zwischen Firma, Student und Hochschule. [2]
Wo steht das, warum denn auch?
sehe ich ganz anders!
Es ist keine Gnade des Unternehmens, einer Studentin zu erlauben, ihre Arbeit zu schreiben. Vielmehr sehen viele Unternehmen darin eine kostengünstige Möglichkeit, Aufgaben zu erledigen, die sonst liegen bleiben oder von teuren Fachkräften erledigt werden müssten. Durch die Einbindung von Studierenden können Unternehmen wertvolle Arbeitskraft nutzen, ohne hohe Kosten für erfahrene Fachkräfte aufwenden zu müssen.

Zudem hoffen viele Unternehmen, den betreuenden Professor gleich mit "einkaufen" zu können. Dieser bringt jahrzehntelange Erfahrung in die Arbeit ein, von der das Unternehmen profitiert. Das eigentliche Ziel einer Bachelorarbeit ist jedoch, dass die Studentin selbstständig zeigt, was sie gelernt hat. Sie soll ihre eigenen Fähigkeiten und Kenntnisse unter Beweis stellen und eigenständige Lösungen erarbeiten.

Was ist eine Abschlussarbeit wert, wenn der Professor überall seine Finger drin hat? Eine solche Arbeit verliert an Aussagekraft und Integrität, weil der Professor bereits seinen Abschluss und seine Expertise hat. Es geht aber darum, dass die Studentin ihre eigene Leistung präsentiert. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob die Einmischung des Professors nicht eher ein Egoproblem ist. Möglicherweise möchte er seine eigene Bedeutung und seinen Einfluss demonstrieren, anstatt der Studentin Raum zur Entfaltung zu geben.

Die wahre Herausforderung und der wahre Wert einer Abschlussarbeit liegen darin, dass die Studentin selbständig arbeitet und ihre Fähigkeiten unter Beweis stellt, ohne übermäßig beeinflusst zu werden.

Quellen

  1. Mach dich mit den einschlägigen Gesetzen und Regelungen vertraut. Ich weis nicht, was Du mit der Firma vereinbaren willst oder schon unterschrieben hast. 

  2. Muss ich mal durcharbeiten, mal sehen wir es ist.

    Schmidt O (2013), "Die Abschlussarbeit im Unternehmen schreiben", August, 2013. utb GmbH. [BibTeX[DOI]

  3. Die Kollegin aus unserer Stabsstelle Recht empfiehlt bei Fragen zum Urheberrecht diese Seite vom Bundesministerium für Bildung und Forschung:

    Bibliotheksverband D (2020), "Urheberrecht inder Wissenschaft".  Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Berlin [BibTeX[URL]

  4. Sascha Münch (2025), Urheberrecht in Wissenschaft, Forschung und Lehre, VFR Verlag für Rechtsjournalismus, Berlin, Urheberrecht in der Wissenschaft - Urheberrecht 2025, ausgelesen 7.2.25 14:30

Update 04.10.2022

BMBF Quelle, Link defekt korrigiert. Dies und Schmidt in die Literaturdatenbank aufgenommen. Redaktionelle Korrekturen.

Update 7. Feb. 2025

CC Hinweis eingebaut, aus Roboto umgestellt, Quelle 4 eingefügt, Und immer daran denken ausgeführt, Text mit Deepl-Write verbessert. 


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Version: 1.3 Mai 2023, Kontakt: E-Mail Martin Wölker
Pirmasens, Germany, 2018-, ausgelesen am: , Licence CC BY-NC-SA



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