Das ist sicherlich kindgerecht.
Aber ist sie auch richtig?
Also habe ich daraus eine Klausuraufgabe gemacht.
- Nehmen Sie Stellung, in wie weit Herr Caspers die Funktion des Global Positioning Systems vereinfacht, richtig oder ggf nicht korrekt darstellt.
- Erklären Sie dabei auch, wie Entfernungen zu Satelliten gemessen werden und wie daraus Koordinaten berechnet werden. Prüfen Sie jede einzelne Aussage des Textes.
- Welche Annahmen stecken in der Darstellung?
Die Redaktion hat mich darauf hingewiesen, dass das Video nicht eingebunden werden darf. Danke dafür. Das Google-Orakel findet heute mehr als 200 Videos Suchbegriff: "Sendung mit der Maus" Navigationssystem Update vom 6.7.20 aufgrund der Antwort der Mausredaktion |
Zur Bearbeitung habe ich das für die Studierenden transskibiert:
[Text überspringen]."Vorher weiß der, wo ich gerade bin? Ich kann Straßenschilder lesen. Aber was kann der Computer lesen? Woher weiß er wo ich stehe? Der Computer bekommt Hilfe, von ganz weit oben. Das hier ist unsere Erde – also, im Modell natürlich nur. Und mitten in Deutschland steht mein Auto auch im Modell.
Und wo ist die Hilfe? Das ist die Hilfe, oder zumindest ein Teil. Das ist ein Satellit. Von diesen Satelliten fliegen ziemlich viele um die Erde herum. Und diese Satelliten helfen dem Navigationssystem. Das geht so:
Auf der Erde steht das Auto mit dem Navigationssystem und weit über der Erde, da ist der Satellit im Weltall und dieser Satellit funkt ein Signal. Und dieses Signal wird vom Navigationssystem empfangen. Das ist so ähnlich wie ein Radiosender allerdings nur für Navigationssysteme.
Und aus diesem Signal errechnet der Computer im Navigationssystem wieweit der Satellit vom Navigationssystem entfernt ist. Das ist ungefähr dann, diese Strecke hier. Das Problem ist, damit weiß man noch lange nicht wo man auf der Erde ist. Denn es gibt auf der Erde ganz, ganz viele Orte, die genau dieselbe Entfernung zum Satelliten haben. Hier auf diesem Kreis Dieser ganze Kreis, Alle diese Punkte sind gleich weit vom Satelliten entfernt.
Deshalb gibt es einen zweiten Satelliten. Und auch hier ist es wieder so: der Computer im Auto, der weiß ganz genau wie weit dieser zweite Satellit von dem Auto entfernt ist. Und auch hier gibt's wieder genau wie beim ersten viele, viele Punkte auf der Erde, die genauso weit von diesen Satelliten entfernt sind. Und es gibt jetzt aber zwei Punkte, wo sich diese Kreise treffen. Die überschneiden sich da und das bedeutet: das Auto kann entweder hier an diesem ersten Punkt sein oder hier an diesem zweiten Punkt.
Um das zu finden, wo das Auto jetzt tatsächlich ist, gibt es einen dritten Satelliten. Und da passiert genau das gleiche: das Auto weiß ganz genau wie weit es von den Satelliten entfernt ist. Und natürlich gibt es auch hier wieder ganz viele Punkte, die diese Entfernung zum Satelliten haben.
Aber es gibt auf der ganzen Welt nur einen einzigen Punkt, wo sich diese drei Kreise von diesen drei Satelliten treffen. Und genau das ist der Ort, wo das Auto ist. Und dieser vierter Satellit ist noch mal zur Kontrolle, dass alle Berechnungen richtig sind. Dank der Satelliten 1-2-3-4, weiß der Computer im Auto ganz genau wo das Auto ist."
© European Space Agency (Ausschnitt) Woher die Schwerkraftdelle vor Indien stammt ↪ Spektrum.de |
Die Musterlösung
R + F: Das hier ist unsere Erde – also, im Modell natürlich nur.
Die ↪ Erdfigur ist nun mal keine Kugel, insbesondere nicht bei Normalnull.
Richtig: Auf der Erde steht das Auto mit dem Navigationssystem und weit über der Erde, da ist der Satellit im Weltall und dieser Satellit funkt ein Signal.
Annahme: Das gilt nicht für fliegende Objekte, die auch mit GPS ihre Position bestimmen können.
Richtig: Und dieses Signal wird vom
Navigationssystem empfangen. Das ist so ähnlich wie ein Radiosender allerdings
nur für Navigationssysteme.
Richtig: Und aus diesem Signal errechnet der Computer im Navigationssystem wieweit der Satellit vom Navigationssystem entfernt ist.
F + R: Das ist dann ungefähr, diese Strecke hier.
Es wird die ↪ Signallaufzeit gemessen. Das muss schon sehr genau sein. Eine einfache Überschlagsrechnung 10ns Fehler multipliziert mit 300.000 km/s ergeben schon 3m Abweichung.
Annahme: Alle Satelliten und mein GPS-Empfänger haben die gleiche Zeit.
Das ist natürlich falsch. Insbesondere weil relativistische Effekte relevant sind.
Annahme: Die Lichtgeschwindigkeit ist bekannt, aber leider in der Atmosphäre kleiner als im Vakuum. Und eine klare Grenze gibt es auch nicht.
Richtig: Das Problem ist, damit weiß man noch lange nicht wo man auf der Erde ist. Denn es gibt auf der Erde ganz, ganz viele Orte, die genau dieselbe Entfernung zum Satelliten haben.
Falsch: Hier auf diesem Kreis. Dieser ganze Kreis, Alle diese Punkte sind gleich weit vom Satelliten entfernt.
Der GPS-Empfänger ist auf der Kugeloberfläche des gemessenen Abstands.
F + R: Deshalb gibt es einen zweiten
Satelliten.
Klar gibt es einen
Satelliten aber nicht deshalb. Schon aus Gründen der Logik (s.o.).
Folgefehler: Und auch hier ist es wieder so: der Computer
im Auto, der weiß ganz genau wie weit dieser zweite Satellit von dem Auto
entfernt ist. Und auch hier gibt's wieder genau wie beim ersten viele,
viele Punkte auf der Erde, die genauso weit von diesen Satelliten entfernt sind.
Falsch: Und es gibt jetzt aber zwei Punkte, wo
sich diese Kreise treffen. Die überschneiden sich da und das bedeutet: das Auto
kann entweder hier an diesem ersten Punkt sein oder hier an diesem zweiten
Punkt.
Die Schnittlinie zwischen
zwei Kugeln ist ein Kreis, wenn sie sich überhaupt schneiden.
Folgefehler: Um das zu finden, wo das Auto jetzt
tatsächlich ist, gibt es einen dritten Satelliten. Und da passiert genau
das gleiche: das Auto weiß ganz genau wie weit es von den Satelliten entfernt
ist. Und natürlich gibt es auch hier wieder ganz viele Punkte, die diese
Entfernung zum Satelliten haben.
R + F: Aber es gibt auf der ganzen Welt nur
einen einzigen Punkt, wo sich diese drei Kreise von diesen drei Satelliten
treffen. Und genau das ist der Ort, wo das Auto ist.
Durch die Dritte Entfernung
entstehen zwei Schnittpunkte zwischen den drei Kugeln. Einer ist im Weltall.
Falsch: Und dieser vierter Satellit ist noch
mal zur Kontrolle, dass alle Berechnungen richtig sind.
Der 4. Satellit dient der Zeitkorrektur. Denn die Entfernungsmessung läuft über die Signallaufzeit zwischen Satelliten und GPS-Empfänger. Und das ist nicht ↪ trivial - [2].
Richtig: Dank der Satelliten 1-2-3-4, weiß der Computer im Auto ganz genau wo das Auto ist.
Was soll´s
P.S.
Vereinfachen, ja immer. Simplifizieren, das ist gefährlich. Birgt es doch die Gefahr, dass entscheidende Inhalte verloren gehen. Das mit beschäftigt sich die Verständlichkeitsforschung, auch interessant.
Update 5.7.20
ich bin ein Fan der Sendung mit der Maus. Die Sachgeschichten sind wirklich immer excellent.
Meinen Studierenden empfehle ist oft, dass Sie als Einstieg die passende Geschichte ansehen
sollen. Nun ist nichts ohne Fehler, das ist menschlich.
Die 2007 gedrehte Sachgeschichte zum GPS ist sehr nett aber leider grob falsch. Bereits
vor einige Jahren hatte ich daher versucht mit Ihnen Kontakt zu bekommen, leider erfoglos.
Eigentlich nicht rüberraschend, ein einzelner Professor an einer Provinzhochschule mit
geringer Reichweite relativ zur ARD. Das ist Ihnen eben egal.
Aber ist das ein valider Grund weiter Falsches zu verbreiten? Ich habe das in meinem Logistik-
blog (diese Seite) integriert: Bald ist Klausurzeit und die Aufgabe ist einfach gut geeignet, um das Verständnis der Studierenden zum GPS zu testen.
Heute, nein gerade eben, ist das Video wieder gelaufen. Hatte ich die Hoffnung, dass ein Update
kommen würde, so wurde ich enttäuscht. Schade, ober eigentlich im Erwartbarem.
Beste Geüße,
Martin Wölker
Update 6.7.20
Von Maus <maus@wdr.de> Montag, 6. Juli 2020 07:59
Von Martin Wölker, Montag, 6. Juli 2020 10:09
Von Maus <maus@wdr.de> Montag, 6. Juli 2020 10:30
Von Martin Wölker Montag, 6. Juli 2020 11:11
Von Maus <maus@wdr.de> Montag, 6. Juli 2020 11:48
Quellen
↪ Blogbeitrag – Marie Herberger, Klausureinsicht nach der Staatsprüfung - Wie man sich gegen das Prüfungsamt durchsetzt, Legal Tribune Online, Wolters Kluwer Deutschland GmbH, Hürth, 22.02.2018
↪ § 29 BVwVfG Akteneinsicht durch Beteiligte
↪ wissenschaft.de – Thomas Bührke, Ohne Einstein kein Navi, Konradin Medien, Leinfelden-Echterdingen, 17. August 2015
Tobias Schüttler ist stellvertretender Leiter des Schülerlabors DLR_School_Lab am DLR Oberpfaffenhofen und promoviert am Lehrstuhl für Didaktik der Physik der Ludwig-Maximilians-Universität München.
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