Im Studium lernst Du viel mehr als nur Theorie

Mein Rückblick auf das Studium Logistics - Diagnostics and Design in Pirmasens

von Jonas Wilhelm

Nach meiner Ausbildung stellte ich mir viele Fragen wie es weitergehen soll und was mich beruflich weiterbringen könnte. Sollte ich mir einen Job suchen und damit glücklich werden oder würde mir da dann irgendwann etwas fehlen. Sollte ich mir einen Job suchen und mich nebenher weiterbilden, über die IHK oder berufsbegleitenden Seminaren und Studiengänge. 

Was soll ich nach meiner Ausbildung tun?

Da ich damals gar nicht so genau einschätzen konnte, wie das alles ablaufen würde und wie, wo und was da auf mich zu kommt. Ich hatte schon immer davon geträumt ein „richtiger“ Student zu sein und die Zeit erleben zu können, von der mir schon so viele erzählt hatten. Es sollte nicht mein erstes Studium sein, bevor ich die kaufmännische Ausbildung anfing, besuchte ich zwei Semester an der DHBW damals noch als Maschinenbau Student.

Frage eins wurde also geklärt, ich tausche das Arbeitsleben mit 37.5 Stunden in ein Studentenleben mit den schön langen Semesterferien. Klingt alles wie in einem Traum. Nach den ersten Wochen wurde mir bewusst, dass ich auch im Studium eine 37,5 Stunden Woche habe, meistens sogar mehr nur halt enzyklischer verteilt.

Ich Studiere!
Und was, es gibt ja nur 19.000 Studiengänge?

Frage zwei, was studiere ich?  Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Logistik, Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Transport und Verkehrslogistik oder Logistics Diagnostics and Design in der Logistik in Pirmasens. 


Coverbild des Akkreditierungsantrages für
Logistics - Diagnostics and Design

Was kann ich mir den darunter vorstellen? Hat das Design vielleicht etwa mit den Schuhen zu tun, Pirmasens ist ja bekannt als die Stadt der Schuhe. Da ich mir darunter weiterhin nichts Konkretes vorstellen konnte, las ich mir das Modulhandbuch durch. Als erstes fielen mir Fächer wie Team- und Konfliktmanagement, Arbeitsorganisation in der Logistik auf. 

In der Ausbildung waren die Rollen doch klar verteilt, wer welche Aufgaben zu übernehmen hatte und wer für was verantwortlich war. Konflikte gab es nur mit LKW – Fahrern, welche zu spät kamen oder uns in der Pause gestört haben. Ärger mit den Lieferanten über falsche oder zu früh, spät gelieferten Artikeln. Aber das waren ja Konflikte welche nichts mit uns als Abteilung zu tun hatten, unter Arbeitsorganisation in der Logistik konnte ich mir bis zur Vorlesung nichts vorstellen und selbst danach fiel es mir schwer es in die Abläufe in einem Betrieb einzuordnen. 

Das gelernte wird in der Praxis geschärft

Seit Anfang des Jahres war ich als Werksstudent in der logistischen Planung bei der Robert Bosch GmbH tätig. Als dann Mitte März die Corona-Welle China und Europa erreichte war es dringend Zeit zu handeln. Meine Aufgabe war es die neuen Praktikanten einzuarbeiten, mit ihnen die Materialversorgung unseres Werks und ihrer einzelnen Abteilungen sicherstellen. 

Die Aufgabe schien klargestellt, berechne die Abdeckung mit Beständen im Werk, Dokumentation der unterwegs befindlichen Mengen und ihrer Ankunft im Werk. Die ersten Auswirkungen wurden bei den Seefrachten erkennbar, wir reden hier über Lieferzeiten von bis zu 6 Wochen. Durch die Verschiebung von Kapazitäten und Lockdowns verzögerten sich sämtliche Überseelieferungen aus Fernost im besten Fall um bis zu 2 Wochen. 

 Arbeitsorganisation lernte ich „Come together“

Nun sind da 8 Praktikanten aus den einzelnen Planungsgruppen, die sich gar nicht kennen und noch gar nicht die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Abteilungen und Verantwortlichkeiten kennen. In der zweiten Vorlesung in Arbeitsorganisation in der Logistik hört ich das Wort „Come together“ – hole alle an den Prozessen beteiligten Leute an einen Tisch und stellt einander vor für welche Aufgabe ihr zuständig seid. 

Zur Sicherstellung der Bedarfe reichte nicht nur die Berechnung der Abdeckung, sondern auch wie wir die Transporte am besten Bündeln können, um keine zusätzlichen Kosten zu verbrauchen. Zusammenspiel der einzelnen Praktikanten miteinander, Aufbau einer Informationskette, tägliche Meetings und Eskalationen mit Spediteuren und Lieferanten gehörte da zum Tagesbild. Hier erkannte ich den Nutzen aus meinem Studium, Diagnose der Situation und Lösungsfindung für verschiedene Randbedingungen.

Bei einem Studium lernt man nicht nur die Theorie

In meinem Studium lernte ich nicht nur die Theorie für die Grundlagen der Logistik, in der Betriebswirtschaft oder dem Zusammenarbeiten in einem Team kennen. Viele unserer Module haben das Ziel uns direkt auf den Einstieg nachdem Studium vorzubereiten. Die praktischen Züge zeigten sich bei den Planspielen in welchen wir als Gruppe arbeiten durften, wie dem Surf Shop oder der Unternehmensführung eines Druckerherstellers. 

In diesen Modulen musste man sich im Team nach den jeweiligen Stärken einteilen um am Ende als Sieger aus dem Kurs gehen zu können. Die Kommunikation war hier ein Dreh- und Angelpunkt, Vereinbarung einer wöchentlichen Agenda bis zu einem Stichtag „X“, ein Resümee der vergangenen Planung und die Absprache für neue Maßnahmen und Entscheidungen für die folgenden Planungsperioden. 

Durch dieses Vorgehen simulierten wir in Zukunft auf uns zukommende Situationen in der heutigen Berufswelt. Die Vorstellung für die Berufswelt als Bachelor in der Logistik ist komplett verschieden zu denen als Fachkraft für Lagerlogistik, hier geht es später darum Entscheidungen zu treffen, sich mit Kosten, Kapazitäten und Beständen auseinanderzusetzen, kleine Deals mit anderen Abteilungen auszuhandeln. 

Viel ist Verhandlungssache auch bei der Arbeit

Dies alles gab es als Fachkraft für Logistik nicht, hier waren deine Aufgaben klar definiert morgens die Rücksendungen kontrollieren, einbuchen und verstauen im Regal. Nachdem die Arbeitsfläche wieder frei von allen Rücksendungen war konnte mit der Kommissionierung der Bestellungen begonnen werden.  

Zum Start meiner Ausbildung wurde die Bestellungen noch ausgedruckt und man musste kreuz und quer über die gesamte Lagerfläche laufen, als Innovation wurde in den nächsten Jahren der Bestellschein Laufwegs optimiert erstellt. Kurz vor dem Ende meiner Ausbildung wurde sogar die elektronische Kommissionierung mit Handscannern und gebündelten Bestellungen eingeführt. 

Neben diesen täglichen Aufgaben hatte ich als Azubi noch die Möglichkeit, bei Optimierungsprojekten im Lager mitzuarbeiten und mein praktisches Wissen mit einzubringen. Diese Erfahrung aus Projekten mit festen Zeit- und Aufgabenplänen hat mir im Studium sehr geholfen. In den Prüfungsphasen mein Arbeitsvolumen aufzuteilen und mir meine Zeiten richtig einzuteilen. 

Erfahrung hilft bei Prüfungsstress

Durch diese Erfahrung konnte ich das Stresslevel in der Prüfungsphase geringer halten als es normalerweise gewesen wäre und meine Prüfungen wie auch schlussendlich mein Studium erfolgreich beenden.

Zum Ende meines Studiums, konnte ich nochmals die Studentenzeit Revue passieren lassen und es aus einer anderen Respektive sehen. Viele dieser oben beschriebenen Eindrücke konnte ich erst rückblickend so zusammenfassend und als Teil des Prozesses sehen und verstehen. 

Mein Fazit aus dem LDD-Studium

Das Studium besitzt meiner Ansicht nach nicht nur die Möglichkeit des Wissenstransfers zwischen Professoren und Studenten, sondern auch die persönliche Weiterentwicklung als Mensch. In diesen 3,5 Jahren lernte man unterschiedliche Persönlichkeiten kennen, konnte sich durch die Zusammenarbeit und den Kommunikationsaustausch öffnen und die Sichtweise der anderen verstehen und nachvollziehen. 

Dies sehe ich als einen sehr großen Schritt in Richtung eines erwachsenen Verhaltens bei dem die Hochschule einen durch die Vielzahl an Gruppenaufgaben forciert und die richtigen Methoden zur Verfügung stellt um hierbei ein erfolgreiches, lehrreiches Miteinander zu schaffen.

Quelle: Wikipedia

Meine Zukunft, das unentdeckte Land

Frage drei entsteht im Laufe des letzten Semesters: wie sieht mein weiterer Weg aus?

Aktuell sehen die Möglichkeiten für Studenten nach Ihrem Abschluss leider nicht so rosig aus, viele Industriezweige müssen auf die Kurzarbeit zurückgreifen und es werden Einstellungsstopps verkündet. 

Ein Ende dieser Situation ist noch nicht absehbar, weiterhin steht die Frage im Raum wird der wirtschaftliche Aufschwung wieder zurückkommen und welche Möglichkeiten bleiben uns schlussendlich als Studenten.


Jonas Wilhelm hat sein Studium Logistics - Diagnostics and Design im Sommersemester 2020 mitten in der Corona-Pandemie abgeschlossen. Ich wünsche ihm Glück, dass er in dieser schweren Zeit einen guten Job findet. Wir werden in Kontakt bleiben.

Martin Wölker 


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