Die Bibliothek
von Sebastian Schanne
Das Erste, was man wahrnimmt, ist das Summen der Aufzugelektronik. Schon die Eingangshalle zur Bibliothek erweckt dieses Ruhe-Gefühl.
Bibliotheken sind merkwürdige Orte. Einerseits ist hier Ruhe das oberste Gebot, andererseits summt die Luft voll von Geräuschen. Bücher rascheln, als wollten sie Laubwäldern während eines Sturms Konkurrenz machen; das Kratzen von Stiften auf Papier schwingt im Einklang mit den vorbeifahrenden Autos; das Tippen von Fingern auf Laptoptastaturen gleicht einem Konzert diverser simultan spielender Drummer. Es ist, als hätte ein Orchester das andere abgelöst. Leiser zwar in seiner eigentlichen Lautstärke, aber dennoch kraftvoll und fordernd.
Was man sieht sind Bücher. Sie sind der Vermittler zwischen dem, was wir
alltäglich sehen und dem, was wir wirklich wissen und verstehen beziehungsweise
dem, was wir wirklich wissen und verstehen wollen. Ob jetzt Sach- oder
Fantasie-, Lehr- oder Freizeitbücher, überall lassen Autoren die Leser in einen
Teil ihrer eigenen Gedankenwelt ein. Sie offenbaren wissentlich einen Teil von
sich selbst, manchmal offen und direkt, manchmal versteckt und erst auf den
zweiten oder dritten Blick sichtbar.
Bibliotheken fühlen sich wie eine eigene kleine Welt an. Sie sind eine Welt für alle, die ihre ganz eigenen Naturgesetze einhalten und bieten ihnen im Gegenzug all ihr Wissen. Sie fühlen sich alt und schwer an, wie der Mantel eines Großvaters, den dieser über seine Enkel legt, gleichzeitig aber auch frisch und leicht. Sie laden jeden ein, einen Teil seiner Zeit hier zu vertrödeln, ohne Schuldgefühle entstehen zu lassen.
Nur ab und zu wird dieser Mikrokosmos durchbrochen. Bei jedem Ein- und Austreten eines Besuchers kommt ein Stück der Außenwelt mit herein. Allerdings unterbricht dies die Atmosphäre einer Bibliothek nicht, sondern ist wie ein kurzer Weckruf, eine kleine Erinnerung an die andere, die Hauptwelt, bevor sie verschlungen wird von der dominierenden Atmosphäre einer Bibliothek. Und dann, als wäre nichts gewesen, als hätte niemand auch nur im Geringsten diesen Kosmos durchbrochen entfaltet sich wieder die volle Magie einer Bibliothek und alles was zurück bleibt ist das, was Bibliotheken so unfassbar magisch, anziehend und unverkennbar macht: Ruhe.
Ich mag Bibliotheken, Bücher sind einfach was tolles. Natürlich nicht die klinische, die heute manchmal gebaut werden. Der stationäre Buchhandel hat das verstanden, kein Vergleich zu ..., Ihr wisst wen ich meine. Der Beitrag auf dem Blog https://whothefuckissebastian.home.blog hat mit gut gefallen. Mit freundlicher Genehmigung von Sebastian Schanne, Dank an ihn. Martin Wölker |
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